Haar, 1.3.2019
Kein Schlussstrich - in Haar wird die von-Braunmühl-Straße in Max-Isserlin-Straße umbenannt
43 Jahre lang war eine Straße in der Gemeinde Haar nach Anton von Braunmühl benannt, Oberarzt während der Nazi-Diktatur und nach dem II.Weltkrieg auch Direktor der damaligen Heil- und Pflegeanstalt Haar-Eglfing. Am 1.3.2019 wurde die Straße nach Max-Isserlin, ehemaliger Chefarzt des Heckscher-Klinikums, der aufgrund seines jüdischen Glaubens vor den Nazis fliehen musste und im englischen Exil verstarb.
In den vergangenen Jahren kamen verstärkt Zweifel an von-Braunmühl auf, ob er an den Deportationen von Patienten und Morden beteiligt gewesen sei. Mehr als 2200 Menschen, darunter auch Kinder, wurden während der sogenannten „Euthanasie“ vor den Toren München zum Opfer der Naziideologie. „Nach sehr intensiven Recherchen in den vergangenen Jahren, auch im Rahmen des Münchner Gedenkbuchs ist klar geworden, dass von Braunmühl nicht mehr als Vorbild taugt. Der Arbeitskreis „Erinnerungskultur“ des Bezirks hat hierzu eine klare und eindeutige Position“ betonte Rainer Schneider, stv. Bezirkstagspräsident Oberbayern. Der Arbeitskreis, der von Bezirkstagspräsident Josef Mederer initiiert wurde, hat den politischen Auftrag, die Geschichte der damaligen Bezirkseinrichtungen und deren Verwicklungen in die Patientenmorde aufzuarbeiten und eine gemeinsame Gedenkkultur zugestellten. „Es darf niemals einen Schlussstrich unter der Aufarbeitung geben, darin sind wir uns einig“, so Schneider. Bürgermeisterin Gabriele Müller selbst hatte sich in den vergangenen Monaten intensiv für die Straßenumbenennung geworben. „Es war mir ein persönliches Anliegen, diese Straße neu zubenennen. Nach sehr langen und intensiven Diskussionen innerhalb des Gemeinderats hat das Gremium im Herbst einstimmig entschieden, die Straße nach Max-Isserlin, einem Pionier der Kinder- und Jugendpsychiatrie zu benennen. Dies macht mich stolz, ebenso, dass wir auf dem ehemaligen Klinikgelände Haar II eine Straße nach Edith Hecht, einem in der ehemaligen Anstalt ermordeten Kind, benennen werden. Zukünftig wird dort ein inklusiver Kindergarten sein“, so Müller.
Dr. h.c. Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde in München-Oberbayern nahm ebenfalls an diesem besonderen Ereignis teil. Sie zeigte sich zufrieden und glücklich zugleich, dass Max-Isserlin mit der Straßenbenennung geehrt werde. „Gerade in Zeiten wie diesen, in denen sich das schreckliche Haupt des Antisemitismus und des Rassismus öffentlich erheben, in denen eine Partei diese fördern ist es um so wichtiger, dass die Gesellschaft Stellung und Position bezieht“. Auch Prof. Peter Brieger, Ärztlicher Direktor des kbo-Isar-Amper-Klinikum, sieht das Klinikum in der Pflicht: „Mit Pfannmüller, von Braunmühl und Nadler sind drei ärztliche Direktoren der damaligen Anstalt in die Verbrechen und Morde der Nazizeit involviert.
Wir stellen uns dieser Verantwortung und arbeiten unsere Geschichte auf“, so Brieger, der in den vergangenen Jahren intensiv um eine Straßenbenennung warb. Das Direktorium lädt auch deswegen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Klinikums ein, sich aktiv in die Aufarbeitung einzubringen.
Raphael Isserlin, Enkel des verfolgten Max-Isserlin, war eigens für die Straßenbenennung aus England angereist. „Ich habe meinen Großvater leider nicht mehr kennenlernen dürfen, er ist 17 Jahre vor meiner Geburt verstorben. Mein Vater und meine Tante sagten mir, das er diese Umbenennung und die damit verbundene Ehre nicht für möglich gehalten hätte. Ich danke der Gemeinde Haar für den großen Mut zu dieser Entscheidung“.
Auch Prof. Franz-Joseph Freisleder, Ärztlicher Direktor des kbo-Heckscher-Klinikum zeigte sich erleichtert. „In den kommenden Wochen wird eine Außenstelle des Heckscher-Klinikum in der Max-Isserlin-Straße eröffnet, Schwerstbehinderte Kinder werden dort behandelt. Es wäre unerträglich gewesen, wenn die Klinik noch in der von-Braunmühl-Straße eröffnet worden“.